Die Villa und ihre Bewohner
Familie Rudolf Baum
Familie Alexander Graumüller
Familie Kanitzky, Familie Baldauf und Familie Landgraf
Bis weit in das 19. Jahrhundert erstreckten sich am jetzigen Standort der Villa Wiesen und Felder der ortsansässigen Bauern.
1872 - Gründung der Aktiengesellschaft Dresdner Westend
Die
Gesellschaft
Dresdner
Westend
kaufte
in
kurzer
Zeit
einen
großen
Teil
der
Flurstücke
in
Plauen
auf,
erschloss
durch
Neuanlage
von
Straßen
die
Gegend
für
eine
gewinn-
bringende
Vermarktung.
Am
Rande
der
neuen
Ringstraße,
an
der
Ecke
zur
Westendstraße
entstand
so
auch
das
Flurstück
des
jetzigen
Grundstückes
Westendstraße
21.
Die
Anpassung
des
Bebauungsplanes
von
Plauen
(freistehende
Häuser
mit
maximal
drei
Vollgeschossen)
und
die
neue
Infrastruktur
(Parkanlage
Westendpark
um
1891,
Weihe
Bismarckturm
1896)
machte
diese
gehobene
Wohngegend
für
vermögende
Bürger
weiter
interessant
und
zahlreiche
Grundstücke
wurde
im
Bereich
Bernhardstraße,
Westendstraße,
Daheimstraße
(nach
Eingemeindung
1903
Friedrich-Hegel-Straße)
mit
schönen Ein- und Mehrfamilienhäusern bebaut.
1904 - Planung und Bau der Villa Westendstraße 21
Die
Villa
wurde
für
den
Rechtsanwalt
Dr.
jur.
R.
Baum
im
sogenannten
“Neuen
Stil”,
später
auch
nach
der
Zeitschrift
“Jugend”
als
Jugendstil
bezeichnet,
von
den
Gebrüdern
Fichtner
geplant
und
erbaut.
Diese
lokale
Firma
war
auch
bei
zahlreichen
anderen
Bauvorhaben
in
Plauen
beteiligt.
Zum
Beispiel
am
Umbau
der Kirche, dem Rathaus Plauen und dem Turm im Westendpark (jetzt Fichtepark). Das Gebäude ist ein bedeutendes Bauzeugnis des Jugendstils in Dresden.
Zentralblatt für das deutsche Baugewerbe Nr. 14, 1905
“Durch
ihr
modernes
Äußeres
gibt
sie
der
mit
weniger
malerischen
Villen
bebauten
Westendstraße
eine
hübsche
Abwechslung
und
bietet
infolge
ihrer
bevorzugten
Lage
im
schönsten
Villenviertel
Plauens
ein
freies
gesundes
Wohnen.
Die
Villa
ist
als
Einfamilienhaus
gebaut
und
besteht
aus
Keller,
Erd-,
Ober-
und
Dachgeschoss.
Im
Kellergeschoss
sind
außer
einer
aus
Küche,
einer
Wohnstube
und
zwei
Schlafstuben
bestehenden
Hausmannswohnung
noch
folgende
Wirtschaftsräume
für
die
Herrschaft
vorgesehen:
Waschküche,
großer
Holz-
und
Kohlenkeller,
Wein-
und
Wirtschaftskeller.
Im
Erdgeschoss
liegen
Emfangszimmer,
Wohnzimmer,
Speisezimmer
mit
anliegender
Veranda,
Diele,
Küche
mit
Küchenbalkon
und
Speisekammer.
Im
Obergeschoss:
Herrenzimmer,
Kinderzimmer, gemeinsames Schlafzimmer, Schrankzimmer. Im Dachgeschoss: Fremdenzimmer, Mädchenkammer, Wäschetrockenboden.
Sämtliche
Räume
werden
durch
Öfen
beheizt
und
durch
elektrisches
bezw.
Gaslicht
erleuchtet.
Die
innere
Einrichtung
ist
unter
Berücksichtigung
der
modernen
Richtung
eine
gut
bürgerliche.
Zur
äusseren
Architektur
hat
für
die
Fensterumrahmungen
Elbsandstein
in
Verbindung
mit
Antragarbeit
Verwendung
gefunden.
Der
Hauptsims
wird
durch
eine
grosse
Rabitzkehle
gebildet,
welche
nach
aussen
hin
noch
durch
leichte
Malerei
hervorgehoben
wird.
Die
am
Parterre
an
den
Aussenseiten
befindliche
Abfliesung
besteht
aus
rheinischen
frostfreien
schachbrettartig
verlegten
weissen
und
ultramarineblauen
Platten,
welche
mit
dem
Putz
gleich
angesetzt
sind.
Infolge
des
abfälligen
Geländes,
sowie
zur
vollständigen
Ausnützung
des
Gartens
machte
sich
eine
1,80
m
hohe
Stützmauer
nötig,
auf der das eiserne Einfriedungsgeländer angebracht ist. Der Quadratmeter bebaute Fläche der Villa
kostet 245 M.
”
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Einrichtung Diele 1905
Der
Eigentümer
des
Gebäudes
Dr.
jur.
R.
Bau
m
wurde
1900
an
das
Landgericht
Dresden
berufen
und
auch
dort
1915
zum
Professor
ernannt.
Er
verstarb
kurz
nach seiner Berufung. Ein Enkel des Erbauers ist der Bundesinnenminister a. D. Gerhart R. Baum.
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1920 - Familie Graumüller
Im
Jahre
1920
kaufte
der
Unternehmer
Alexander
Graumüller,
ein
Ingenieur
von
August
Horch,
Rennfahrer
und
späterer
Eigentümer
des
Autohauses
Graumüller,
die
Villa
und
lebte
dort
mit
seiner
Familie.
Der
heutige
Zugang
zur
Praxis
war
ursprünglich
als
“Gartenzimmer”
ausgeführt.
Familie
Graumüller
besaß
zu
dieser
Zeit
bereits
ein
Automobil
und
baute
in
diesen
Bereich
eine
Garage
ein.
Lilo
Graumüller,
Tochter
von
A.
Graumüller,
war
eine
der
ersten
deutschen
weiblichen
Rennfahrer
und
startete
so
auch
als
eine
von
zwei
Frauen
mit
einem
DKW
1930
bei
dem
Hohnsteiner
Bergrennen
in
der
Sächsischen
Schweiz.
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Ab 1945 - Nach dem 2. Weltkrieg
Im Mai 1945 wurde das Haus konfisziert und bis zum Jahre 1947 als Wohnung für Offiziere genutzt.
Im
Jahre
1947
entstand
im
Erdgeschoss
eine
Zahlstelle
der
SVK.
Die
1.
und
2.
Etage
wurde
wieder
von
der
Witwe
Graumüller
und
ihren
Angehörigen
bewohnt.
Im Kellergeschoss, der heutigen Praxis, wohnten damals zwei Familien.
Ab 1951 befand sich im Erdgeschoss das Leihhaus “Baldauf & Co.”. Nach dem Tod der Witwe Graumüller 1952 verließen die Angehörigen die DDR.
In der 1. Etage befand sich danach bis 1960 das Büro und die Wohnung des Steuerberaters Kanitzky.
In
den
früheren
Dienstbotenzimmern
der
2.
Etage
lebte
der
Steinbildhauer
Siegfried
Landgraf
mit
seiner
Familie.
Ab
1960
zog
Familie
Landgraf
in
die
1.
Etage,
die 2. Etage war wegen Bauschäden nicht mehr als Wohnung nutzbar.
Ab 1991 - Die Villa blüht wieder auf
Im
November 1991 kaufte Familie Kahler
t die Villa von Lieselotte Holz geb. Graum
üller.
Der Rückbau bzw. die Sanierung des Gebäudes und der Einbau der Praxis erfolgte bis 1995.
Von 1995 bis 2005 befand sich darin das Projektierungsbüro Koch.
Seit 2009 unterhält Ruth Kahlert im Erdgeschoss die “Galerie K”.
Im Kellergeschoss befindet sich eine
Arztpraxis.
Die “Geschwister-Häuser” im Jugendstil von den Gebrüdern Fichtner
Neben
der
Villa
Westendstraße
21
wurden
von
den
Gebrüdern
Fichtner
in
Sachsen
offenbar
noch
mehrere
andere
Privathäuser
im
Jugendstil
errichtet.
Neben
dem Gebäude in Dresden existiert eine Villa in Rosswein (Sachsen).
Gemeinsamkeiten
sind
sofort
an
Form
und
Ausgestaltung
erkennbar.
Die
Verwendung
von
farbigen
Kacheln,
aufwendigen
Putzarbeiten
(Lebensbaum,
Familienportraits
und
florale
Elemente
in
Aufputztechnik)
und
großformatige
Bleiglasfenster
sind
bei
allen
bekannten
Häusern
optisch
prägend.
Im
Inneren
wurden
wohl
auch
in
allen
Häusern
variierte
Entwürfe
bei
Türen,
Fenstern
und
Einbauten
verwendet
und
vermutlich
gleiche
Dienstleister
und
Fremdfirmen
für
Gewerke
eingebunden.
Die
Decke
des
Treppenhauses
in
der
Villa
Rosswein
schmückt
auch
noch
die
originale
Deckenmalerei
(Blumenkranz),
in
der
Villa
Westendstraße konnte eine vergleichbare Malerei der ursprünglichen Bauausführung im Rahmen der Restaurierung nachgewiesen werden.
Eine
weitere
Villa
(erbaut
1902)
befand
sich
in
unmittelbarer
Nähe
auf
der
Reisewitzerstraße
(heute
Würzburger
Straße)
in
Dresden-Plauen
(damals
noch
Vorort
Plauen
bei
Dresden).
Von
dieser
bei
den
Luftangriffen
1945
zerstörten
Villa
ist
nur
die
Einfriedung
erhalten
geblieben.
Heute
umrahmen
die
massiven
Pfähle au
s Sandstein und die schmiedeeisernen Zäune ein in den 1990iger Ja
hren gebautes Mehrfamilienhaus.
Abbildung links: Villa Rosswein
Abbildung rechts: Villa Würzburger Straße
Geschichte der Villa
Westendstraße 21 in Dresden
letzte Änderung: 23.09.2024